Expertentipp Ergebnis des Kurzberichts des IW

Grunderwerbsteuer - Angehende Eigentümer müssen immer länger sparen

veröffentlicht am: 23.09.2022

Für die Grunderwerbsteuer müssen Haushalte in Deutschland im Schnitt immer länger sparen. In Berlin beispielsweise spart ein Paar bis zu elf Jahre, um die Grunderwerbsteuer zu finanzieren. Zu diesem Ergebnis kam das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einem Ende letzten Jahres veröffentlichten Kurzbericht.

Wer in Deutschland ein Grundstück oder einen Grundstücksanteil erwerben möchte, kommt um gewisse obligatorische Nebenkosten nicht herum. Zu diesen Nebenkosten gehört neben den Notarkosten und den Grundbuchkosten auch die Grunderwerbsteuer. Bei Letzterer handelt es sich um eine Ländersteuer, deren Steuersatz je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises einschließlich aller vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen beträgt. Aufgrund der steigenden Grundstückspreise der vergangenen Jahre nahm die Last der Käufer bezüglich der Grunderwerbsteuer deutlich zu. Dem hätten die Länder zwar durch entsprechende Absenkungen der Steuersätze zumindest teilweise entgegenwirken können, dies ist aber nicht geschehen.

Steigende Steuereinnahmen

Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen zum deutschen Steueraufkommen zeigen, dass die Steuereinnahmen bei der Grunderwerbsteuer innerhalb von zehn Jahren (2011 – 2020) um gut 150 Prozent auf über 16 Milliarden Euro anstiegen. Die steigenden Kosten lassen den Traum vom Eigenheim für viele Menschen in Deutschland in weite Ferne rücken. Auch die Bundesregierung hat das erkannt, bleibt bei den Lösungsvorschlägen aber sehr schwammig. So findet sich das Thema Grunderwerbsteuer im Koalitionsvertrag zweimal. Beide Male verweist die neue Bundesregierung allerdings nur darauf, den Ländern künftig eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer, zum Beispiel durch einen Freibetrag zu ermöglichen, um den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums zu erleichtern.

Im Schnitt 5,5 Monatseinkommen

Zahlen des IW zeigen nun erstmalig, wie lange die Menschen in Deutschland im Schnitt sparen müssen, um allein die Grunderwerbsteuer bezahlen zu können. Mithilfe eines einfachen Modells berechnen die Autoren auf Grundlage der Durchschnittseinkommen, wie lange ein Paar für die bei einem durchschnittlich teuren Einfamilienhaus anfallende Grunderwerbsteuer sparen müsste. Selbiges berechnen die Autoren für einen Singlehaushalt, der eine durchschnittlich teure Eigentumswohnung erwirbt.

Die Analyse ergab, dass Paare im Durchschnitt 5,5 Monatseinkommen zur Seite legen müssen, um die Grunderwerbsteuer für ein Einfamilienhaus zu finanzieren. Ein Single, der eine Eigentumswohnung kaufen will, muss für die Grunderwerbsteuer wiederum auf durchschnittlich etwa 4,6 Monatseinkommen zurückgreifen. Bei einer durchschnittlichen Sparquote von 10,8 Prozent des Nettoeinkommens – wie sie das Statistische Bundesamt für die Zeit vor der Pandemie auswies – entspricht dies etwa vier Jahre und drei Monate für das Einfamilienhaus und drei Jahre und neun Monate für die Eigentumswohnung.

Regionale Unterschiede

Die durchschnittliche Spardauer weist jedoch große regionale Unterschiede auf. So sparen Singles und Paare in den deutschen Großstädten im Schnitt deutlich länger als in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands oder in den oberfränkischen Gebieten entlang der deutsch-tschechischen und der deutsch-polnischen Grenze. In Sachsen und Bayern spart man im Schnitt am kürzesten für die Grunderwerbsteuer.

Die Autoren sehen daher ein klares Reformpotenzial bei der Grunderwerbsteuer und schlagen vor, die Grunderwerbsteuer für selbstnutzende Ersterwerber zu reduzieren, um jüngeren Haushalten den Zugang zu Wohneigentum zu erleichtern und die Wohneigentumsquote junger Menschen zu steigern. Ein Freibetrag, wie von der Bundesregierung angedacht, würde dazu einen wichtigen Beitrag leisten.


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