Recht & Gesetz Fachanwalt Oliver Fouquet informiert

Wann darf der Vermieter die Wohnung besichtigten?

veröffentlicht am: 13.09.2023

Ausgangslage:

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, wann der Vermieter vom Mieter die Besichtigung der Wohnung verlangen kann.

Zwar ist während der Dauer des Mietverhältnisses das alleinige Gebrauchsrecht an der Wohnung dem Mieter zugewiesen und die räumliche Sphäre der Wohnung steht unter dem Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG, jedoch besteht eine vertragliche, aus § 242 BGB herzuleitende Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter - nach entsprechender Vorankündigung - den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt wie z. B.:

  • Verkaufsabsicht
  • Mangelbeseitigung
  • Wartungsarbeiten
  • Zählerablesung

 

Die Vorankündigungsfrist hängt vom Einzelfall ab. Bei einem Schaden an der Wohnung wird eine kürzere Ankündigungsfrist einzuhalten sein als bei einem beabsichtigten Verkauf. Auch Urlaubszeiten, Feiertage usw. sind zu berücksichtigen.

Häufig sehen Mietverträge Regelungen zum Besichtigungsrecht des Vermieters vor. Allerdings besteht auch in diesen Fällen kein Recht zur anlasslosen Besichtigung. Eine entsprechende Regelung ist unwirksam (BGH, Urteil v. 04.06.2014, Az.: VIII ZR 289/13).

Im Fall des BGH (Urteil v. 26.04.2023, Az.: VIII ZR 420/21) war im Mietvertrag vereinbart: "Dem Vermieter oder seinem Beauftragten oder beiden steht aus besonderem Anlass (insbesondere im Fall der Beendigung des Mietverhältnisses zwecks anderweitiger Vermietung oder bei beabsichtigtem Verkauf der Mietsache) die Besichtigung der Mieträume zu verkehrsüblicher Tageszeit nach vorheriger rechtzeitiger Ankündigung an Werktagen (auch samstags) frei."

Nach Zutrittsverweigerung wegen Gesundheitsbeeinträchtigung verklagte der Vermieter den Mieter auf Zutritt zur Wohnung.

 

Entscheidung:

Es besteht eine vertragliche Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter - nach entsprechender Vorankündigung - den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt. Ein solcher Grund kann beispielsweise in der gewünschten Besichtigung der Mietwohnung anlässlich ihres beabsichtigten Verkaufs mit Immobilienmaklern, Gutachtern und Kaufinteressenten liegen.

Eine solche Pflicht kann sich zudem aus einer entsprechenden Vereinbarung im Mietvertrag ergeben. Dabei sind einerseits das Eigentumsrecht des Vermieters und andererseits auch das Recht des Mieters, in den Mieträumen "in Ruhe gelassen" zu werden, gegeneinander abzuwägen. Zwar ist zu berücksichtigen, wenn der Mieter durch die Besichtigung der Wohnung der Gefahr schwer wiegender Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar einer Lebensgefahr ausgesetzt würde, jedoch muss auch das Interesse des Vermieters berücksichtigt werden. So kann sich der Mieter auch bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen während der Besichtigung von einer Vertrauensperson bzw. einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Die gesundheitliche Beeinträchtigung alleine rechtfertigt daher keine Verweigerung des Besichtigungsrechts.

 


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