Ein Anruf bei... Christian Bernreiter
veröffentlicht am: 06.06.2023Hallo Herr Bernreiter, wir freuen uns, dass Sie sich ein paar Minuten für ein Gespräch mit dem qm Magazin Zeit nehmen. Sie sind seit Februar 2022 Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr. Was waren die größten Herausforderungen in den vergangenen Monaten?
Christian Bernreiter: Seit meinem Amtsantritt im vergangenen Jahr haben wir vor allem beim Wohnungsbau und bei der Mobilität große Dynamik und Herausforderungen. Im Verkehr hat uns die Vorbereitung des Deutschlandtickets stark gefordert. Ich freue mich, wenn viele Menschen Bus und Bahn für sich entdecken. Besser wäre es aber gewesen, das Geld in den Ausbau des Verkehrsangebots zu stecken. Beim Bauen ist die Lage für Wohnungsunternehmen und private Bauherren derzeit sehr schwierig. Umfragen der Branchenverbände zeigen, dass Mitgliedsunternehmen einen erheblichen Anteil ihrer Neubauprojekte zurückstellen oder sogar ganz aufgeben wollen. Die Gründe sind klar: extrem gestiegene Zinsen, hohe Kosten, beschädigte Lieferketten, Engpässe bei Baustoffen und Fachkräftemangel, dazu unsichere und unzureichende Förderprogramme des Bundes. Was aktuell aus Berlin und Brüssel kommt, ist nicht hilfreich! Weitere Pflichten und Auflagen wie das geplante Heizungsgesetz sind momentan verantwortungslos. Was nützt das klimafreundlichste Haus, wenn es nicht gebaut werden kann?
Werfen wir einen Blick auf aktuelle Maßnahmen zur Stärkung des Wohnungsbaus in Bayern. Können Sie uns einen Überblick geben?
Christian Bernreiter: Wir müssen beim Wohnungsbau gerade jetzt für Stabilität sorgen. Das bayerische Kabinett hat deswegen auf meinem Vorschlag hin den „Wohnbau-Booster“ beschlossen. Dazu kommt noch unser „Bayern-Darlehen“ für Eigenheimer, mit dem wir das Zinsverbilligungsprogramm der BayernLabo weiterentwickeln. Wir unterstützen Familien noch mehr beim Bau oder Kauf eines Eigenheims. Wir bieten Laufzeiten von 10, 15 oder 30 Jahren an und vergünstigen den Zinssatz gegenüber dem Marktzins um 1,5 Prozent bei einem Neubau beziehungsweise um zwei Prozent bei bestehenden Immobilien. Bei einer Darlehenssumme von 150.000 Euro können sich Darlehensnehmer so über zehn Jahre zum Beispiel 30.000 Euro sparen!
Was ist der Wohnbau-Booster Bayern?
Christian Bernreiter: Unser Wohnbau-Booster hat fünf Schwerpunkte. Wir entwickeln erstens die Wohnraumförderprogramme weiter. Zweitens weiten wir die Spielräume für experimentellen, einfachen Wohnungsbau aus und schaffen mit dem „Gebäudetyp E“ mehr Möglichkeiten für Planer. Wohnbaugrundstücke werden wir drittens zukünftig auch verbilligt im Erbbaurecht vergeben. Viertens stocken wir das Kapital der BayernHeim auf 750 Millionen Euro auf und stärken fünftens die Innenentwicklung. Ziel ist es, leerstehende Gebäude an heutige Bedürfnisse anzupassen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Bayern hat hier seine Hausaufgaben gemacht, was man vom Bund leider nicht behaupten kann. Hier kommt viel zu wenig. Daher fordern wir vom Bund unter anderem ein Baukindergeld II.
Wie ist die aktuelle Lage bei den drei staatlichen Wohnungsbaugesellschaften, auf welche neuen Projekte darf sich Bayern freuen?
Christian Bernreiter: Mir ist es wichtig, dass wir den Staatlichen Wohnungsbau insgesamt betrachten, also BayernHeim, Stadibau und Siedlungswerk Nürnberg. Mit unseren drei staatlichen Wohnungsbaugesellschaften setzen wir ein starkes Signal für neuen, bezahlbaren Wohnraum in ganz Bayern. Und dies bewusst zu einem Zeitpunkt, wo die Rahmenbedingungen für private Bauherren und Bauwirtschaft extrem herausfordernd sind. Bis Jahresende werden unsere drei staatlichen Wohnungsbaugesellschaften zusammen einen Bestand von rund 17.600 Wohnungen haben und damit rund 800 Wohnungen mehr als noch im Sommer 2022. Insgesamt werden rund 24.800 Wohnungen im Bestand, im Bau, in Planung und Entwicklung sein. Die BayernHeim hat erheblich an Fahrt aufgenommen, sich am Markt als kompetenter Partner für geförderten Wohnungsbau etabliert und arbeitet mit großem Einsatz an der Realisierung von Projekten. BayernHeim hat bis jetzt knapp 48 Projekte mit rund 4.600 Wohnungen auf den Weg gebracht, laufend kommen neue Projekte dazu. Ende 2023 werden über 5.400 Wohnungen in der Pipeline sein.
Sie sind für verschiedene Bereiche verantwortlich, welcher Themenbereich liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen und warum?
Christian Bernreiter: Es gibt nicht das einzelne Projekt, das über die Zukunft des Freistaats entscheidet. Mir ist es wichtig, dass die Menschen in Bayern an jedem Ort gut leben können. Dazu gehört eine leistungsfähige Infrastruktur und Investitionen auch in der Region. Wichtig ist, dass wir den ländlichen Raum nicht vergessen. Die Bundesregierung hat nur die Großstädte im Blick. Über die Hälfte der Menschen in Bayern lebt aber im ländlichen Raum und hat zum Beispiel beim ÖPNV mit ganz anderen Herausforderung zu kämpfen, als die Menschen in den Ballungsräumen.
Und zum Abschluss: Stichwort Sommerferien daheim in Bayern! Haben Sie einen Reise- oder Ausflugstipp für unsere Leser?
Christian Bernreiter: Als Niederbayer schlägt mein Herz natürlich vor allem für meine Heimatregion. Der Bayerische Wald zum Beispiel ist immer eine Reise wert und nicht nur mit dem Auto, sondern auch mit Bus und Bahn gut zu erreichen!
Vielen Dank für das informative Gespräch!
Bildquelle(n): StMB/Krammer