Anruf bei... Zweite Bürgermeisterin der Stadt Nürnberg

Anruf bei... Prof. Dr. Julia Lehner

veröffentlicht am: 26.07.2024

Wir begrüßen Sie, Frau Prof. Dr. Lehner, zu unserem „Ein Anruf bei“. Schön, dass Sie sich Zeit nehmen für ein kurzes Gespräch mit dem qm Magazin. Seit gut 4 Jahren sind Sie nun Bürgermeisterin der Stadt Nürnberg mit dem Geschäftsbereich Kultur. Bereits seit fast 30 Jahren sind Sie im Kulturbereich der Stadt tätig. Welche Rolle spielt Kultur Ihrer Meinung nach in der Entwicklung und Identität einer Stadt wie Nürnberg?

  

Prof. Dr. Julia Lehner: Kultur, Kunst und kulturelle Bildung sind der Kitt der Stadtgesellschaft und prägen maßgeblich Identitätsprozesse der Stadt. Dafür verantwortlich sind die großen Institutionen und Bildungseinrichtungen wie Nürnbergs Museen, das Staatstheater oder Stadtbibliothek und Bildungszentrum, aber auch viele weitere zentrale und dezentrale Einrichtungen, die Kunst und Kultur den notwendigen Raum geben und dabei eine Vielzahl an Bedarfen spiegeln. Nürnberg hat ein reiches kulturelles Erbe, das es zu bewahren gilt. Kultur ist zudem Integrationsmotor und unabdingbar für jede qualitativ hochwertige Entwicklung eines Gemeinwesens.

  

Welche Herausforderungen sehen Sie dabei?

Prof. Dr. Julia Lehner: Nürnbergs kulturelle Vielfalt ist beeindruckend und es ist lohnenswert, die hierfür notwendige Struktur zu stärken. Dafür braucht es die zielgerichtete Förderung kultureller und künstlerischer Aktivität der freien Szenen und die kontinuierliche Entwicklung von Infrastrukturen. Und es wäre unheimlich viel gewonnen, wenn Kulturförderung künftig nicht nur als freiwillige Leistung einer Kommune an ihre Bürgerinnen und Bürger begriffen würde und hierfür auch der bislang ausstehende gesetzliche Rahmen geschaffen werden könnte. Denn Kunst und Kultur sind nicht nur schön, sondern wertvoll und sie bedingen eben auch Arbeit und benötigen Räume und stetige Unterstützung. Ich bin daher froh, dass mit der Kulturwerkstatt auf AEG und dem Memorium Nürnberger Prozesse, dem südpunkt oder dem Z-Bau und der Kunstvilla zuletzt neue, für Nürnberg wichtige Infrastrukturen entstehen konnten. Gleichzeitig hat die Stadt zielgerichtet in die Sanierung von Kunsthalle, Künstlerhaus, Gemeinschaftshaus Langwasser und ganz aktuell Museum Industriekultur und dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, investiert.

  

Was sind Ihre Hauptziele und Prioritäten für die kulturelle Entwicklung Nürnbergs in den kommenden Jahren?

Prof. Dr. Julia Lehner: Die großen, auch kulturpolitisch bedeutenden Vorhaben konzentrieren sich derzeit auf das ehemalige Reichsparteitagsgelände. Die Stadt Nürnberg schafft hier im Bereich von Zeppelintribüne und -feld einen Lern- und Begegnungsort und will in der Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände, wo derzeit bereits Dokumentationszentrum und die Nürnberger Symphoniker mit Serenadenhof wirken, auf über 7.000 Quadratmetern für alle Kunst-Sparten Arbeits- und Präsentationsraum schaffen, Raum, der in Nürnberg dringend benötigt wird. Zudem wird hier eine neue Spielstätte für das Staatstheater entstehen. Das ist aus jeder Perspektive ein außerordentliches Projekt für Nürnberg mit seiner spezifischen erinnerungskulturellen Verantwortung, für das der Stadtrat im Juli 2024 die weiteren Grundlagen definieren wird. Dass diese Planungen deutschlandweit Relevanz besitzen, zeigt die Förderstruktur: Bund und Freistaat investieren hier im Verbund mit der Stadt, um zukunftsweisende Strukturen zu schaffen.

  

Auf welche kulturellen Veranstaltungen und Programme dürfen sich die Bürger Nürnbergs heuer noch freuen?

Prof. Dr. Julia Lehner: Natürlich im Sommer auf die Kulturgroßveranstaltungen wie Bardentreffen, die Klassik Open Airs oder die Stars im Luitpoldhain, die allen Bürgerinnen und Bürgern bei freiem Eintritt offenstehen. Die großen Feste der Stadtgesellschaft sind das beste Beispiel für die verbindende Kraft, die von Kunst und Kultur ausgehen. Das gilt natürlich auch für das Literaturfestival texttage.nuernberg oder die Rundgänge der Stadt(ver)führungen und vieles, vieles mehr auf allen Bühnen und in allen Häusern.

  

Haben Sie ein persönliches Lieblingsprojekt oder -event in Nürnberg, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Prof. Dr. Julia Lehner: In diesem Jahr freue ich mich auf den Juli, wenn im Segment #1 in der Kongresshalle in Kooperation mit der Biennale in Venedig, der ältesten und wichtigsten Schau für zeitgenössische Kunst, auch Nürnberger Künstler präsentieren werden und mit Ersan Mondtag und Yael Bartana die Künstlerinnen und Künstler zu Gast sein werden, die heuer den Deutschen Pavillon gestaltet haben. Das ist bislang einmalig und zeigt gleichzeitig auf, was hier künftig möglich sein wird.

  

Gibt es eine Botschaft, die Sie den Bürgern Nürnbergs hinsichtlich der kulturellen Entwicklung der Stadt mit auf den Weg geben möchten?

Prof. Dr. Julia Lehner: Bleiben Sie neugierig und offen, um die Kraft der Kultur in all ihren Prägungen immer wieder aufs Neue zu erfahren!

  

Vielen Dank für das informative Gespräch!

  

  


Bildquelle(n): Ludwig Olah