BGH zum Nachbarrecht
veröffentlicht am: 12.03.2018
Ausgleichsanspruch für erhöhten Reinigungsaufwand durch Laub und Nadeln
Der Nachbar hat unter Missachtung der landesnachbarrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstände Bäume angepflanzt. Nun häufen sich bei dem angrenzenden Grundstück Laub und Nadeln, so dass ein erhöhter Reinigungsaufwand entsteht.
In einem solchen Fall können den Betroffenen nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche zustehen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Betroffenen es selbst versäumt haben, die Beseitigung oder den Rückschnitt der Bäume von ihrem Nachbarn zu verlangen und nun wegen Fristablauf nicht mehr verlangen können.
Das hat der BGH mit Urteil vom 27. Oktober 2017 (Az. ZR 8/17) entschieden.
Auf dem Nachbargrundstück stehen direkt an der Grundstücksgrenze mehrere hochgewachsene Bäume. Die Kläger machten geltend, dass durch die Bäume starker Laubfall und eine Vermoosung ihres Hauses hervorgerufen werde. Darüber hinaus sei die gärtnerische Nutzung ihres Grundstücks durch die von Nachbars Bäumen verursachte Verschattung erheblich beeinträchtigt.
Obst und Gemüse könne daher nicht angebaut werden. In erster Linie verlangten die Kläger die Beseitigung, zumindest aber den Rückschnitt der Bäume. Sofern das Gericht diesem Begehren nicht folgt, solle mindestens der jährliche Mehraufwand für die Reinigung sowie für den wegen der Verschattung des Gartens notwendigen zusätzlichen Ankauf von Obst- und Gemüse erstattet werden.
Die Richter entschieden, dass der Anspruch auf Erstattung von Reinigungskosten wegen des erhöhten Laubfalls nicht schon daher ausgeschlossen sei, dass die Kläger es zuvor versäumt hätten, während der landesnachbarrechtlichen Fristen die Beseitigung beziehungsweise den Rückschnitt der Bäume zu verlangen.
Allerdings entstehe der Ausgleichsanspruch nur dann, „wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß beinträchtige“. Dies habe das Berufungsgericht anhand des Sachvortrags der Kläger und der angebotenen Beweise zu prüfen und zu bewerten.
Eine wesentliche Beeinträchtigung läge beispielsweise vor, wenn die Dachrinne durch das abfallende Laub häufiger als sonst notwendig gereinigt werden müsse.
Der Entzug von Luft und Licht, der durch die hohen Bäume der Nachbarn verursacht werde, stelle hingegen keine „ähnliche Einwirkung“ im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Dieser sei daher von den Nachbarn grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen.
Insofern scheide auch ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch für den zusätzlichen Ankauf von Obst und Gemüse aus, auch wenn der Anbau infolge der Verschattung nicht oder nur unzureichend möglich ist.
Fotoquelle: Rechtsanwalt Gerhard Frieser / 1. Vorsitzender Grund- und Hausbesitzerverein Nürnberg und Umgebung e. V. / www.hausundgrund-nuernberg.de