Bezahlbarer Wohnraum: Politische Maßnahmen und mögliche Lösungen
veröffentlicht am: 16.01.2024Zu den drängendsten Herausforderungen der deutschen Innenpolitik gehört die Frage nach ausreichend bezahlbarem Wohnraum. Während die Immobilienpreise seit Ende 2022 tendenziell sanken, kletterten die Mieten weiter in die Höhe. Gleichzeitig wird die Verfügbarkeit von Wohnraum immer begrenzter. Die Situation stellt nicht nur Wohnungssuchende, sondern die soziale Struktur und wirtschaftliche Entwicklung des Landes vor Herausforderungen. Wir erklären die politischen Maßnahmen und stellen weitere Lösungsmöglichkeiten vor.
Anfang 2023 erklärte die Bundesbank in ihrem monatlichen Bericht, dass die Immobilien auf dem deutschen Wohnungsmarkt „zwischen 25 Prozent und 40 Prozent über dem Preis“ liegen, der wirtschaftlich gesehen als angemessen zu erachten ist. Vor allem in den Großstädten Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und München waren die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren in extreme Höhen geklettert.
Nicht zuletzt durch den Anstieg der Zinsen, der im Juli 2022 mit der Anhebung des Leitzinses in die Wege geleitet wurde, fielen jedoch im ersten Quartal 2023 die Immobilienpreise sowohl in den deutschen Städten als auch in ländlichen Gebieten deutlich. Die Sorge war groß, dass eine Immobilienblase platzen könnte, doch schon im zweiten Quartal sanken die Immobilienpreise kaum noch und die Abwärtsdynamik ließ nach. Vor allem für selbst genutzten Wohnraum gingen die Preise bereits kaum noch zurück. Mancherorts begannen die Preise sogar wieder zu steigen. Die Bauzinsen pendelten sich auf ihrem zuletzt erhöhten Niveau ein. Laut des empirica-Blasenindex für den Immobilienmarkt in Deutschland, sieht alles danach aus, als würde die Immobilienblase nicht platzen, sondern schrumpfen, denn obwohl die Immobilienpreise sanken, blieb die Nachfrage hoch. Dies liegt vor allem am stockenden Neubau.
Der stockende Neubau hat darüber hinaus Auswirkungen auf den Mietmarkt. Hier stiegen die Preise weiterhin stetig. Im zweiten Quartal des Jahres 2023 stiegen die Mietpreise bei Neuvertragsmieten um gut 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. In Deutschland herrscht Wohnungsmangel. Schon im Januar musste Bauministerin Klara Geywitz das Ziel, jährlich 400.000 Wohnungen zu schaffen, für das Jahr 2023 als unerreichbar erklären.
Diese Maßnahmen könnten helfen
Um Maßnahmen auszuarbeiten, die dafür sorgen, Wohnraum in Deutschland bezahlbar zu machen, wurde das Bündnis bezahlbarer Wohnraum von der deutschen Bundesregierung ins Leben gerufen. Ziel des Bündnisses ist die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen. Bund, Länder, Kommunen, Wohnungs- und Bauwirtschaft, Mieter- und Vermieterverbände sollen im Rahmen des Bündnisses gemeinsam an machbaren Lösungsansätzen arbeiten.
Das Bündnis bezahlbares Wohnen
Der Schwerpunkt des Bündnisses liegt auf folgenden Punkten:
- Befördern
- Beschleunigen
- Begrenzen
Zunächst soll der Wohnungsbau gefördert werden. Das Bündnis setzt sich dafür ein, mithilfe von finanziellen Anreizen und Förderprogrammen vor allem den sozialen Wohnungsbau voranzubringen, um einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen in bezahlbare Wohnungen zu bringen. Auch junge Menschen in der Ausbildung sowie Senioren stehen im Fokus des Bündnisses.
Zudem sollen Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum möglichst schnell umgesetzt werden. Aktuell herrscht vielerorts Baustopp, Projekte werden storniert oder abgebrochen. Dies hat nicht nur mit den wirtschaftlichen Problemen der Baubranche zu tun. Auch die bürokratischen Anforderungen und Hürden sorgen dafür, dass Bauprojekte nicht umgesetzt werden können oder sich Baumaßnahmen verzögern. Das Bündnis für bezahlbares Wohnen will Bremsen lösen, den Genehmigungsvorgänge für den Wohnungsbau vereinfachen und in diesem Sinne verstärkt auf digitalisierte Prozesse setzen.
Der Stichpunkt ‚Begrenzung‘ bezieht sich auf die Begrenzung von Baukosten. Die Kosten für Neubauten sollen begrenzt werden, ohne dass auf wichtige Standards verzichtet wird. Dies kann über serielles und modulares Bauen, die Einführung eines Gebäudetyps E (e wie einfach), sowie eine Prüfung von Normen und Standards funktionieren.
Spekulanten fernhalten
Die Immobilienverwaltung des Bundes ist mittlerweile dazu angehalten, Bauland nicht an den Meistbietenden, sondern günstig an gemeinnützige Bauträger oder die eigenen Wohnungsbaugesellschaften zu vergeben. Dies soll Spekulanten fernhalten.
Neue KfW-Förderung für Familien
Eine weitere Maßnahme für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum besteht in der neuen KfW-Förderung für Familien. Die Förderung ist abhängig vom Einkommen und begünstigt Neubauvorhaben von Familien durch zinsgünstige Förderkredite.
Weitere Lösungsansätze
Neben den bestehenden und sich in Arbeit befindenden politischen Maßnahmen werden alternative Lösungsansätze diskutiert. Vielen schreiten die politischen Lösungen zu langsam voran oder erscheinen nicht umfassend genug. Diskutiert wird die Umnutzung von Brachflächen, Leerständen und Baulücken. Zudem steht zur Debatte, wie das Mietpreisproblem nachhaltig gelöst werden kann. In dieser Hinsicht gibt es teils radikale Forderungen. Dazu gehört der Vorschlag, den Mieterschutz für langjährige Bestandsmieter zu lockern oder aufzuheben. Auf diese Weise soll es zu einer verbesserten Umverteilung von Wohnraum kommen. Alternativ wird vorgeschlagen, den Wohnungstausch zwischen Senioren und jungen Familien vermehrt zu fördern. Um Kaufimmobilien bezahlbarer zu machen, werden immer einmal wieder eine Absenkung der Grunderwerbsteuer sowie weitere steuerliche Vergünstigungen diskutiert.
Bildquelle(n): https://stock.adobe.com/de/images/modern-apartments-with-colourful-balconies-in-stratford-london/663933530?asset_id=663933530 | I-Wei Huang